Lambert Binder: Die Brüderschaft der Polarier
Ein Kapitel zur Geschichte der geheimen Orden
Von Zeit zu Zeit gehen seltsame Nachrichten durch die Zeitschriften und Zeitungen der zivilisierten Welt, Nachrichten, welche von einer geheimnisvollen "Brüderschaft der Polarier" erzählen. Vor kurzem erst berichtete die Zeitschrift "Neues Europa" in ihrer Neujahrsnummer 1951 von solch einer merkwürdigen Botschaft aus dem Reiche der Polarier. "Wir werden uns", so heißt es in dieser durch ein Medium vermittelten Botschaft, "bald mit den Menschen des Westens in Verbindung setzen, wenn sie die ihnen auferlegte letzte Prüfung bestanden haben. Dann hebt das neue Zeitalter an, das erste des Wiederaufstiegs der gefallenen Menschheit."
Schon vorher hatten (der gleichen Zeitschrift zufolge) kanadische Flieger bei Patrouillenflügen in der Arktis eine von hohen Eisbergen umgebene geheimnisvolle Insel gesichtet, die sich angeblich bei Annäherung der Flugzeuge stets mit einem dichten blauen Äther überzogen habe, der undurchsichtig und auch für Radarstrahlen undurchdringlich gewesen sei. Einer der Flieger glaubte gleichwohl einmal vorher noch "eine kühne und merkwürdige Architektur zu erkennen, Klöster, die an Eisfelder hingen wie Adlerhorste und eine Stadt in der Ebene, die von Gold gleißte". (Wer denkt hierbei nicht an das sogenannte Goldkupfererz der Insel Atlantis?) — Die seltsame Insel in der hohen Arktis wird seither, so heißt es weiter, von den kanadischen Fliegern "Blue Island" genannt und soll ein Ort [? in unserer Kopie schlecht lesbar] der "Polarier" sein. Wir wollen diese Nachrichten mit einer großen Dosis von gebotener kritischer Skepsis aufnehmen, sie klingen allzu phantastisch und sensationell. Aber sollte nicht doch, wie bei manchen derartigen Meldungen, ein Körnchen Wahrheit in ihnen stecken?
Vielleicht zu den ältesten Träumen der Menschheit gehört ja die Vorstellung, daß irgendwo, in unzugänglicher Verborgenheit, auf einem abgeschlossenen asiatischen Hochland, auf einer Insel abseits aller Schiffahrtsrouten, oder gar in den Eisgebirgen des Polargebietes geheimnisvolle Orte, Klöster, Zufluchtsstätten liegen, von denen aus ein kleiner Kreis von wahrhaft Eingeweihten, von "Meistern", die Geschicke der Menschheit bestimmt.
Das sagenhafte Reich des Priesterkönigs Johannes, fern in Asien, der in seltsamer Nachfolge Melchisedeks die Krone der weltlichen und Tiara der geistlichen Herrschaft zugleich tragen sollte, scheint aus solch einem Wunschtraum geboren. Die Rosenkreuzer Europas, so hieß es später, hätten nach dem 30jährigen Kriege sich nach Tibet, in jenes "geistige Zentrum der Welt" zurückgezogen, Emanuel Swedenborg, der große Mystiker und Hellseher des 18. Jahrhunderts, sprach vom "Vorhandensein uralter Offenbarungen der Gotteswelt in der Großen Tartarei, von Offenbarungen und Quellenschriften der Bibel, die dort noch (anders als in Europa) lebendige Kräfte wären...."
August Strindberg, der unermüdliche Forscher und Sucher nach den Geheimnissen Gottes, sagte vor 50 Jahren in seinem Werke "Ein Neues Blaubuch" über diese Worte Swedenborgs: "Sie deuten auf Tibet, da ist nichts zu machen!" Er weist in dieser Hinsicht auch auf die gleichlautende theosophische Hypothese hin. Und noch in jüngster Zeit sagte Dr. Herbert Fritsche über das gleiche Thema: "Ex oriente lux, aus dem Osten kommt das Licht, das ist eine kosmische Signatur, Morgen für Morgen ablesbar aus dem großen Buche des Weltgeistes und durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch bestätigt. Merlin, der Wanderer, wohnt zwar am Nordrand des Zipfels Europas, aber er hat keine Angst, er hat Fernweh, wenn er des asiatischen Hochlands gedenkt, .... Fernweh, das dem Heimweh zum Verwechseln ähnlich ist." Schließlich hat auch, gleichfalls in unseren Tagen, der englische Schriftsteller James Hilton, das Thema von dem tibetanischen Zentrum der Welt in seinem hintergründigen Roman "Lost Horizon" behandelt; die in diesem Dichtertraum vorkommende Klosterstadt Shangri-La ist seither zum Prototyp eines unzugänglichen Ortes, der erlesene Geister der Menschheit beherbergt, geworden.
Wie steht es dann mit der scheinbar andersartigen Behauptung vom Norden als dem Mittelpunkt der Welt, mit dem Satz, daß vom äußersten Norden aus die Geschicke der Welt gelenkt würden? Nun, gerade die Tibetaner lehren durch ihre Meister der esoterischen Tradition, daß nur der "Pfad des Nordens" den Yogi zur letzten Befreiung führe, wie Alexandra David-Neel in ihrem Buche "Vie surhumaine de Guésar" berichtet. Andere tibetanische Quellen überliefern die Erinnerung an Tschang-Sambhala, die mystische Stadt des Nordens, die Stadt des "Friedens" und der "Ruhe". Und europäische Stimmen? Die Symbolik des Pols machte diesen Ort seit alters her zu einem Wohnsitz von transzendenten Menschen, von Helden, von Unsterblichen.
Die Arktis soll der Schauplatz des ersten, des "goldenen" Zeitalters gewesen sein, so wie nach einem, möglicherweise durch kosmischen Katastrophen verursachten Klimawechsel dann das "silberne" zweite Zeitalter auf der Rieseninsel Atlantis begonnen haben soll: dem Geheimnis des Nordens wäre also das Geheimnis des Westens gefolgt. Die Sprache bewahrt solche Erinnerungen noch sehr lange. Noch im lateinischen Kulturkreis hieß das äußerste nordische Meer, in welchem das Land Thule lag, das "mare Cronium", nach Kronos, dem Gott des goldenen Zeitalters. Wer erinnert sich hiebei nicht auch des Landes der mythischen Hyperboräer im äußersten Norden, des Landes, aus dem die archaischen Urstämme den delphischen Apollon mitbrachten? Viele Jahrhunderte später finden sich bei Jakob Böhme verschiedene Hinweise auf das gleiche Thema und auch sein Schüler Postel sagt ausdrücklich, und zwar in seinem "Compendium Cosmographicum", daß sich das Paradies unter dem arktischen Pol befinde. Hierher gehört auch die alte theosophische Behauptung, daß im Gegensatz dazu "unter der Fläche des südlichen Polarkontinents (der Antarktis) sich die Schwarzmagier ein unerhörtes Reich gebaut hätten"; wie denn überhaupt die Lehre von der Welt als Hohlkugel, die aber nicht mit der Hohlwelttheorie zu verwechseln ist, höchst überraschende Ausblicke gestattet.
Es soll nun im folgenden der Nachweis versucht werden, daß die Geheime Brüderschaft der Polarier Verbindungen zu beiden magischen Landschaften, zu Tibet und zum Pol, besitzt. Spärlich sind die Quellen, das sei zugegeben, aber hie und da tauchen höchst eigenartige Hinweise auf. Da ist einmal die okkulte Praxis, in deren Mittelpunkt der Polarstern steht. Es ist eine uralte Lehre der Brahmanen Indiens, daß jeder der großen Rishis, oder Weisen der Vorzeit, einen Stern des "Großen Bären" bewohnt und daß der Polarstern Sitz ihres Oberhauptes ist (Sédir). Auch das indische "Yogasutra" (III/28) kennt die Konzentration auf den Polarstern und verheißt als Ergebnis dieser Übung "Kenntnis der Sternbewegungen", worunter bestimmt nicht die astronomischen Sternläufe gemeint sein können. Sogar in Goethes "Der Großkophta" findet sich eine höchst seltsame Anspielung auf die Mysterien des Polarsternes, wenn dort der Graf den Schüler examiniert und sich hiebei folgendes Frage- und Antwort-Spiel entwickelt:
Der Graf (Cagliostro):
"Wann soll ein Schüler seine Betrachtungen anstellen?"
Der Schüler:
"Bei Nachtzeit."
Der Graf:
"Welche Nächte soll er bevorzugen?"
Der Schüler:
"Wenn der Himmel klar ist und die Sterne funkeln."
Der Graf:
"Welchen Stern soll er vorzüglich im Auge haben?"
Der Schüler:
"Den Polarstern!"
Glaubt jemand ernstlich, daß Goethe, der sich zeit seines Lebens mit den Geheimwissenschaften befaßt hat, ganz "zufällig" hier den Polarstern erwähnt? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, daß er bei seinen Studien auch das Geheimnis dieses Gestirnes kennen gelernt hatte?
Auch in dem Buche "Der brennende Busch" des verstorbenen Mystikers Karel Weinfurter(Prag, 1928), findet sich in dem Kapitel "Mystische Schulen" folgender wichtiger Hinweis: "In einem Falle knüpften wir einen Briefwechsel mit einem englischen Magier an. Es war dies ein fast achtzigjähriger Greis, welcher eine eigene Zeitschrift herausgab. Sein Blatt hieß "Magischer Spiegel". Dieser Mann besaß anscheinend eine ungewöhnliche Energie, obwohl er sehr einfach und ärmlich lebte. Seine Zeitschrift setzte und druckte er selbst und verkaufte sie sehr billig. Aus dem Inhalt des Blattes war ersichtlich, daß er auf dem Gebiete der zeremoniellen Magie verschiedene Erfolge gehabt haben müsse. Vornehmlich vermochte er Kräfte hervorzurufen, wie solche in alten Bäumen wohnen. Einige von uns nahmen keinen Anstand, hauptsächlich eine seiner Konzentrationsübungen zu versuchen, die er uns anriet. Es war dies die "Konzentration auf den Polarstern" und zugleich die Anrufung einer gewissen geistigen Brüderschaft, deren Symbol und zugleich Kraftquell der Polarstern war. In allen Fällen äußerten sich bei denen, welche diese Übungen schon betrieben, gewisse völlig gleiche Anzeichen, welche gleich zu Beginn folgern ließen, daß etwas an der Sache sein müsse. Aber zur rechten Zeit würde uns aus Wien mitgeteilt, daß diese Übungen sehr gefährlich seien und deshalb stellten wir sie ein..."
Dies ist unzweifelhaft ein eindeutiger Hinweis auf die Brüderschaft der Polarier. In den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg hat der französischen Schriftsteller Pierre Geyraud ein Buch über die geheimen Orden und Sekten von Paris verfaßt. Er berichtet, daß er auch einmal ein Mitglied der "Polarier" kennen gelernt und Eingang in den Orden gefunden habe. Dieser Polarier habe ihm seine "Erkennungskarte" gezeigt, die in lateinischer Sprache folgende Worte enthielt:
HIC ADSUM FRATER TUUS SUB POLI SIGNO. LUTETIAE MILLESIMO NONGENTESIMO ET TRICESIMO ANNO POST J. CH. (Der dies vorweist, ist dein Bruder unter dem Zeichen des Pols. Paris im Jahre 1930 n. J. Ch.)
Geyraud erfuhr weiter, daß alle Polarier die Verpflichtung hätten, sich zu gewissen Zeiten des Tages, und zwar um 8 Uhr, um 12 Uhr und um 21 Uhr, bestimmten Gedankenkonzentrationen zu widmen und daß diese Vereinigung der Gedankenströme aller Polarier eine bedeutende Rolle spiele. Einer der Führer dieses Geheim-Ordens war damals eine Persönlichkeit, die sich unter dem Pseudonym "Zam-Bhotiva" verbarg. Dieser Zam-Bhotiva wurde damals in okkulten Kreisen dadurch besonders bekannt, daß es ihm gelang, die berühmte Wünschelrute des Kabbalisten und Renaissance-Philosophen Pico della Mirandola wieder aufzufinden, welche die besondere Eigenschaft hatte, nur in der Nähe von Gold, dem sonnenhaften Metall, auszuschlagen. Zam-Bhotiva, der ein Mann von Phantasie gewesen sein muß, nahm sich nicht mehr und nicht weniger vor, als mit Hilfe dieser Wünschelrute den berühmten Goldschatz des [sic!] Albigenser wieder aufzufinden. Er suchte zu diesem Zwecke die Bekanntschaft einer außergewöhnlichen Dame, die Mitglied der Gnostischen Kirche und dem Blute nach ein Abkömmling der berühmten albigensischen Ketzer-Päpstin Esclarmonde de Foix war. Diese geheimnisvolle Dame, deren Namen streng geheim gehalten wurde, dürfte gleichwohl identisch sein mit jener Gräfin Pujol-Murat, von der Otto Rahn berichtet, daß "ihre Vorfahren bei der Verteidigung der Albigenser-Burg Montségur ihr Leben für die vom Feind überflutete Heimat ließen und welche Hugues de Payens, den Gründer des Templer-Ordens und vor allem die große Esclarmonde de Foix zu ihren Vorfahren zählen darf". Zam Bhotiva versuchte nun mit Hilfe dieser Dame und seiner "Wünschelrute" im Ruinengebiet der stolzen Burg Montségur den sagenhaften Goldschatz zu heben, nicht um persönliche Vorteile daraus zu ziehen, sondern weil dieser Schatz zu den okkulten Heilstümern der Menschheit zählte. Aber die Wünschelrute schlug nicht aus und so dürfte die alte Tradition richtig sein, daß der Schatz noch vor Erstürmung der Burg von waghalsigen Cathari in abenteuerlicher Kletterei nach den kilometerlangen gefahrenvollen Höhlen von Ornolac in den Pyrenäen geschafft und dort verborgen worden sei.
Aber die Polarier waren im Besitze eines anderen okkulten kostbaren Geheimnisses, nämlich des "Orakels der Astralen Kraft". Dieses Orakel ist nun wirklich eine unbezweifelbare Tatsache und die Polarier werden durch seinen Besitz in den Rang eines okkulten Ordens erhoben, der Anschluß an die großen Geheimnisse gefunden hat. Geyraud berichtet, wie der Orden in den Besitz des Orakels gekommen ist: Im Jahre 1908 verbrachte ein junger Mann namens Mario Fille seine Sommerferien in Bagnaia in der Umgebung von Rom und lernte dort auf ausgedehnten Spaziergängen einen alten Einsiedler, den "Vater Julian" kennen, den er öfters besuchte und mit dem er tiefgründige Gespräche führte. Gerührt über die Zuneigung des jungen Mannes, schenkte der Einsiedler beim Abschied diesem einige vergilbte Blätter mit den Worten: "Dies hier sind einige Seiten aus dem Buche der Wissenschaft vom Leben und Tode: sie enthalten eine sichere Methode der Zukunftserforschung auf arithmetischer Grundlage. Wenn du", so sagte der Einsiedler zu dem erstaunten jungen Mann, "einmal nicht mehr aus noch ein weist, wenn du eine Antwort auf eine wirklich wichtige Frage erhalten willst, so schreibe diese Frage auf, setze deinen Vor- und Zunamen sowie den deiner Mutter hinzu. Dann mußt du diese Buchstaben in Zahlen verwandeln und gewisse langwierige Rechenoperationen damit vornehmen. Aber laß dich dies nicht verdrießen, denn wenn du dann schließlich die Ergebnisse wieder in Buchstaben zurückverwandelst, hast du die Antwort auf die Frage. Hüte dich wohl, ich teile es nur dir alle mit, und gib es ja nicht ohne Erlaubnis der 'Oberen' weiter..."
Mario Fille nahm das seltsame Geschenk mit höflichem Dank entgegen, ohne von seinem unschätzbaren Werte zunächst überzeugt zu sein. Erst nach Jahren, in einer schweren seelischen Krise, erinnerte er sich der vergilbten Blätter des "Vater Julian" und versuchte die praktische Anwendung. Nach mehreren Stunden angestrengter mathematischer Arbeit lag die Antwort vor ihm, derart präzis und klar, derart logisch und richtig, daß er zutiefst erschüttert war. Als er dann wieder versuchte, den alten Einsiedler aufzusuchen, war dieser schon lange aus seiner Hütte verschwunden. Endlich kam Mario Fille auf die Idee, das Orakel nach dem Aufenthaltsort des "Vater Julian" zu befragen; er erfuhr auf diese Weise, daß jener wieder in sein Kloster im Himalaya zurückgekehrt sei. Dieser einfache und bescheidene Einsiedler, der von den Menschen verlacht in einer primitiven Holzhütte in der Umgebung von Rom gehaust hatte, schien also einer der Großen Eingeweihten gewesen zu sein, die in der Verborgenheit das Geschick der Menschheit lenken.
Durch das Orakel der Astralen Kraft kam dann der Auftrag, die Brüderschaft der Polarier auch in Frankreich neu zu gründen, um die "Herabkunft des Geistes im Zeichen des Rosenkreuzes vorzubereiten". Im Orden der Polarier überschneidet sich also die Tradition des Rosenkreuzes mit der alten hyperboräischen Tradition des Nordens; gleichzeitig gehen (durch den "Vater Julian") Verbindungslinien nach dem fernen Tibet. Das Orakel durfte einer kleinen Gruppe von Fachleuten vorgeführt werden und erwies sich wie immer als absolut richtig und wahr. Bei dieser Gruppe befanden sich auch die okkulten Schriftsteller Maurice Magre und Jean Marquès-Rivière. Diese beiden Schriftsteller schrieben dann später Vorworte zu dem Buch "Asia Mysteriosa", das den schon genannten Zam Bhotiva zum Verfasser hatte und in welchem die Ziele des Ordens, die Geschichte seiner Gründung und selbstverständlich auch das berühmte "Orakel der Astralen Kraft" besprochen wurden. Das seltsame und heute schon ganz vergriffene Buch erschien unter dem genauen vollständigen Titel "Asia Mysteriosa. L´Oracle de Force Astrale comme moyen de communication avec 'Les Petits Lumières' d´Orient, Paris 1929". Unter den "Drei kleinen Lichtern" verstehen die Polarier jene verborgenen drei Meister, die von Asien aus die Wiedererrichtung der Brüderschaft der Polarier angeordnet haben. Über ihnen steht aber ein Europäer, der zugleich der oberste Chef der Polarier ist ...
Wozu okkulte Orden überhaupt? Der Grundsatz, daß der Stärke am mächtigsten allein sei, gilt bekanntlich nur dort, wo sich ein Starker mit mehreren Schwächeren verbünden müßte, die ihn dann hemmen und hindern. Wo sich aber mehrere Starke zusammenfinden, da vervielfachen sich die Kräfte und potenzieren sich; dies ist eines der Geheimnisse der okkulten Orden. Die Gruppe der Polarier in Frankreich umfaßte vor dem Zweiten Weltkrieg 63 Mitglieder (7 x 9!), und in der obersten Leitung saßen noch 9 besonders ausgewählte und befähigte Mitglieder, Martinisten, Kabbalisten, Gnostiker usw. Einige Zeit hindurch gehörte zu dieser kleinen Gruppe auch ein Prinz aus dem königlichen Hause von Kambodscha in Französisch-Indochina.
Über die Schicksale des Ordens der Polarier während der deutschen Besatzung und nach dem Kriegsende ist noch nichts bekannt. Es kann angenommen werden, daß der Orden, durch sein unfehlbares "Orakel" gewarnt, sich aufgelöst oder in die Verborgenheit zurückgezogen hat. Die zu Beginn dieses Aufsatzes erwähnte Nachricht im "Neuen Europa" wäre ein Anzeichnen neuer Aktivität der geheimnisvollen Brüderschaft, die zweifellos ihre Rolle in den kommenden Jahren wieder spielen wird. Vielleicht kann dieser Artikel dazu beitragen, den Boden zu bereiten, der den Samen der Zukunft empfangen soll und vielleicht treffen viele berufene Augenpaare am nächtlichen Himmel im Zeichen des Polarsternes zusammen und ergreifen einander auf Erden viele brüderliche Hände, um die "Kette des großen Wollens" zu schließen und sich vertrauensvoll der Führung der unsichtbaren Meister hinzugeben, jener Meister, die vorzeiten eine Botschaft an die Menschen mit den immer wieder gültigen Worten geschlossen haben:
"Wenn jemand aus bloßer Neugierde mit uns zusammentreffen will, so wird ihm dies niemals gelingen. Aber wenn ihn in der Tat der ehrliche Wille beseelt, sich einzufügen in die Reihen unserer Brüderschaft, so werden wir, die wir seine Gedanken lesen, ihm die Wahrheit all unserer Versprechungen sehen lassen; und zwar, ohne daß wir ihm den Sitz unseres Ordens weisen müßten, da schon allein seine Gedanken, zusammen mit seinem ernsthaften Willen, genügen werden, ihn zu uns zu führen und uns zu ihm."
Ing. Lambert Binder *
(Mensch und Schicksal, Jg. 4, Nr. 24, Villach 1951)
* ING. LAMBERT BINDER
- Geboren 1905, gestorben 1981.
- lebte in Wien, zuletzt im 18.Bezirk
- Absolvent der Höheren Technischen Lehranstalt für Elektrotechnik
- Beamter bei der österreichischen Post- und Telegraphendirektion
in Wien, 1. Bezirk.
- führte zuletzt den Amtstitel "Regierungsrat"
- verheiratet, ein Sohn, der in den 70er Jahren bei einer Bergtour tödlich verunglückte.
- pflegte weitreichende Interessen und Studien auf dem Gebiet okkulter Wissenschaften, Esoterik, Literatur und Malerei.
- unterhielt ein reichhaltiges Meyrink- Archiv.
- stand u.a. mit Alfred Kubin, Willy Schrödter, Alexander Lernet-Holenia, Richard Täschner, Rudolf Mund und Jörg Mauthe in freundschaftlicher Verbindung.
- zahlreiche Veröffentlichungen in den Publikationen des "Villacher Kreises" - u.a. in "Mensch und Schicksal". Später auch in "Die andere Welt", welche dann als "Esotera" einen großen Bekanntheits grad erlangte.
- Rudolf Mund nannte ihn "einen der wenigen wirklichen Esoteriker von Wien".
- seine einzige Schwester lebte als Klosterfrau in England und hat auch den umfangreichen Nachlaß ihres Bruders übernommen.
Mitgeteilt von SONNENWACHT/FREUNDESKREIS F. BRAUCHTUM U. KULTUR + ESOTERISCHE STUDIENGEMEINSCHAFT
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